Am 25. und 26. November 2022 fand in Interlaken der alle vier Jahre stattfindende Kongress des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes statt. Auch Alessandra Ramtour und Holger Schatz waren anwesend und diskutierten die wichtigsten Themen, die uns auch in den nächsten vier Jahren beschäftigen werden. Neben Initiativen für eine bessere AHV-Rente, dem erneuten feministischen Streiktag am 14. Juni 2023 ist gerade auch für Nautilus Mitglieder die neue Initiative zu einem besseren Kündigungsschutz von Bedeutung.
Die Schweiz muss endlich einen besseren Kündigungsschutz in der Schweiz schaffen:SGB plant Referendum
Bekanntlich können Schweizer Arbeitgeber ohne Begründung im Rahmen der Kündigungsfristen Crew Mitglieder entlassen. Dies ist ja einer der Gründe, warum Crew-Mitglieder oftmals relativ ängstlich Probleme an Bord verschweigen und selten ihre Rechte einfordern.
Zwar ist eine Kündigung infolge des Ansprechens von Problemen und des Einforderns von Rechten verboten und gilt als «missbräuchlich». Doch in der Praxis ist es meist schwer, diese Missbräuchlichkeit juristisch nachzuweisen. In einigen Fällen haben wir als Nautilus dies vor Gericht geschafft, auch weil unsere Mitglieder sehr gut Hinweise gesammelt hatten und Tagebuch führten etc. Doch selbst wenn dieser Nachweis gelingt, ist die Entschädigung, die das Gericht zuspricht, in der Regel lächerlich (ca. 2 Monatslöhne). Aus diesem Grunde arbeiten wir zusammen mit dem SGB, sowie auch die ILO schon lange daran, die Politik in der Schweiz zu bewegen, endlich eine Reform des Kündigungsschutzes einzuleiten.
Auf dem Kongress wurde deshalb nicht nur eine Resolution beschlossen, die unseren gewerkschaftlichen Forderungen Nachdruck verleihen soll, sondern auch die Vorbereitung eines Referendums.
Dies wurde in einem Zusatzantrag beschlossen, weil von der in der Resolution erwähnten Mediation, die nun schon 4 Jahre läuft, nicht viel erwartet werden sollte.
Resolution: Endlich ein echter Schutz für Personen, die sich für die Rechte der Arbeitnehmenden einsetzen
Wer sich heute gegen Missstände am Arbeitsplatz wehrt, wer sich für Kolleginnen und Kollegen gewerkschaftlich einsetzt und wer die Interessen der Arbeitnehmenden in Personalkommissionen oder Stiftungsräten vertritt, exponiert sich. Nicht nur persönlich, sondern auch beruflich.
Denn der Schutz vor einer missbräuchlichen Kündigung ist in der Schweiz völlig ungenügend: sogar, wenn ein Gericht feststellt, dass ein gewerkschaftlicher Vertreter missbräuchlich entlassen worden ist, können höchstens sechs Monatslöhne als Entschädigung verfügt werden, nicht aber eine Wiedereinstellung. Zahlreiche Gewerkschafterinnen und Gewerkschaften haben für ihre Solidarität und ihr Engagement teuer bezahlt. Ihnen wurde gekündigt, weil der Einsatz gegen Missbräuche und Missstände dem Chef nicht gepasst hat. Viele hatten grosse Mühe, wieder eine Stelle zu finden.
Mit entsprechenden finanziellen Einbussen beim Einkommen und bei der Altersvorsorge. Selbst wenn ein Gericht die Kündigung als missbräuchlich verurteilt hat. Meistens erhalten die Betroffenen nur 2 bis 3 Monatslöhne. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) hat die Schweiz für den ungenügenden Kündigungsschutz wiederholt kritisiert.
Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrecht EGMR würde die Schweiz verurteilen – sollte ein Schweizer Fall antigewerkschaftlicher Kündigungen bis ans Strassburger Gericht gelangen. Denn ohne Kündigungsschutz für die Vertreterinnen und Vertreter der Arbeitnehmenden ist eine echte Sozialpartnerschaft auf Augenhöhe nicht möglich. Den Arbeitgebern passt das nicht. Nachdem die Schweiz nach einer Klage des SGB auf die schwarze Liste der ILO gekommen ist, hat Bundesrat Parmelin eine Mediation eingeleitet. Konkrete Resultate liegen noch keine vor.
Der SGB fordert deshalb:
Die Schweiz braucht endlich einen echten Kündigungsschutz für alle, die sich am Arbeitsplatz für die Arbeitsbedingungen und die Rechte der Arbeitnehmenden einsetzen.
Die Mediation muss nun schnell Resultate liefern. Missbräuchliche Kündigungen müssen zu Strafen führen, die wirken: Entweder sollen sie annulliert oder auf Wunsch der Betroffenen zu einer angemessenen Entschädigung führen.
Der SGB bereitet die Lancierung einer Volksinitiative vor. Zudem wird er die Klage vor der ILO erneut vorantreiben, eine Verurteilung der Schweiz vor dem EGMR in Angriff nehmen und weitere Massnahmen prüfen.
In allen GAV-Verhandlungen werden unsere Forderungen zum Schutz der Vertrauensleute als prioritäre Forderung eingebracht.
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