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Mutterschaft, Vaterschaft und elterliche Rechte

Aufgrund ihrer Arbeitsbedingungen – häufig zwischen Ländern reisend – können Seefahrende schnell einmal auf juristische Hürden treffen, sobald sie beschäftigungsbezogene Rechte in Anspruch nehmen wollen.

Dennoch gilt, dass alle Seefahrenden, die auf einem im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) registrierten Schiff dienen und in der EU ansässig sind oder für einen EWR-Arbeitgeber arbeiten, im betreffenden EWR-Mitgliedsstaat auf derartige Rechte Anspruch erheben können. Hinsichtlich ihrer Gesetzgebung sind britische Elternrechte ebenfalls von der EU-Gesetzgebung abgeleitet.

Die ILO empfiehlt, Schwangerschaften möglichst im Frühstadium zu melden, sodass einzelstaatliche Empfehlungen zur Schwangerenfürsorge und zur Pränataldiagnostik befolgt werden können.

Gesundheit und Sicherheit

Viele Frauen arbeiten während ihrer Schwangerschaft und viele kehren auch wieder an ihren Arbeitsplatz zurück, während sie noch stillen. Allerdings können die besonderen Anforderungen an Bord eines Schiffes für schwangere Arbeitnehmerinnen ein Risiko darstellen. Nur sehr wenige Handelsschiffe haben einen Arzt an Bord. Und im Falle, dass sich während der Schwangerschaft eine Komplikation ergibt, ist es nicht wahrscheinlich, dass ein gleichwertiges Pflegeniveau wie für an Land arbeitende, werdende Mütter besteht.

Differenzierte Untersuchungen etwa hinsichtlich von Unregelmässigkeiten, die möglicherweise dringend benötigt werden, lassen sich sogar auf einem Schiff mit medizinischer Einrichtung nicht einfach bewerkstelligen. Kommt hinzu, dass die Abfertigungszeiten in den Häfen häufig nur sehr kurz sind, wodurch keine Zeit für Routine-Schwangerenfürsorge bleibt.

Seefahrende müssen auch berücksichtigen, welche Folgen es hat, wenn eine werdende Mutter, die sich an Bord eines Schiffes befindet, vorzeitige Wehen hat.

Arbeitseinstellung

Die ILO/IMO-Richtlinien bezüglich der ärztlichen Untersuchung von Seefahrenden empfehlen, dass der normale Zeitpunkt der Arbeitseinstellung einer werdenden Mutter, die auf hoher See tätig ist, mit der 24. Woche beginnt. Der Zeitpunkt ist so gewählt, weil das Überleben eines Frühgeborenen während der 24. bis 28. Woche heutzutage als normal gilt. Zumindest, wenn das Kind in einer guten Neugeborenen-Intensivstation an Land betreut wird.

Schwangerschaft und Mutterschaftsrechte in der Schweiz

Für den Fall, dass ein Crewmitglied im Verlaufe ihrer Anstellung schwanger wird:

  • führt das Unternehmen die Seefahrende so rasch wie dies zumutbar in ihre Heimat zurück, aber keinesfalls später als in der 26. Woche der Schwangerschaft. Falls sich die Einsätze auf dem Schiff unter den gegebenen Umständen als gefährlich erweisen könnten, sollte die Rückführung im ersten angelaufenen Hafen stattfinden;
  • hat die Seefahrende während 100 Tagen Anspruch auf ihren Grundlohn;
  • hat die Seefahrende Priorität bei der Besetzung einer passenden Stelle für dieselbe oder eine vergleichbare Position. Beim Auftreten einer solchen Vakanz gilt dies für die Dauer von drei Jahren nach der Geburt eines Kindes.
Schwangerschaft und Mutterschaftsrechte in Grossbritannien

Nautilus hat einen Leitfaden zum britischen Rechtsrahmen rund um die Schwangerschaft/Mutterschaft/Vaterschaft und den Elternurlaub verfasst.

Als solcher kommt der Leitfaden vor allem für Seefahrende, die auf Schiffen unter britischer Flagge fahren, zur Anwendung.

Eine Zusammenfassung der Rechte, die im Leitfaden ausgeführt werden, lautet wie folgt:

Arbeitgeber sind dazu verpflichtet, die Risiken für alle Arbeitskräfte einzuschätzen und alles zu unternehmen, was angemessen und praktikabel ist, um diese Risiken zu kontrollieren. Konkret ist es auch notwendig, dass Arbeitgeber bei der Risikobewertung vor allem denjenigen Risiken Rechnung tragen, die werdende oder junge Mütter tangieren.

Falls bei der Arbeit ein signifikantes Risiko für die Sicherheit und Gesundheit einer jungen oder werdenden Mutter besteht, welches über das Risiko hinausgeht, mit dem ausserhalb des Arbeitsplatzes zu rechnen ist, dann sind Anstrengungen zu unternehmen, sie vor diesem Risiko zu schützen.

Besondere Rücksichtnahme gilt gegenüber einer jungen oder werdenden Mutter, die nachts arbeitet.

Wenn eine Seefahrende den Beginn ihres Mutterschaftsurlaubes hinter die 24. Woche legen möchte, dann sollte sie sich mit ihrem Arbeitgeber bezüglich etwaiger erforderlicher Veränderungen ihrer Pflichten und ihrer Arbeitsstunden absprechen. Der Arbeitgeber hat dabei eine Risikoabwägung vorzunehmen.

Für einen Arbeitgeber ist es unzulässig, eine Frau aufgrund ihrer Schwangerschaft oder Mutterschaft zu diskriminieren.

Falls eine schwangere Angestellte aufgrund der Empfehlung eines zugelassenen Arztes, einer Hebamme oder einer Krankenschwester einen Termin für die Schwangerenfürsorge vereinbart hat, dann hat sie während ihrer Arbeitszeit Anrecht auf bezahlten Urlaub. Dies, damit sie den Termin wahrnehmen kann.

Jede Angestellte, die schwanger ist, hat Anrecht auf Mutterschaftsurlaub, unabhängig vom Zeitraum ihrer Anstellung. Der Mutterschaftsurlaub dauert in der Regel 26 Wochen.

Jede Angestellte, die einen Anspruch auf Mutterschaftsurlaub besitzt, hat ab jetzt auch Anspruch auf zusätzlichen Mutterschaftsurlaub. Dieser dauert 26 Wochen und beginnt nach dem letzten Tag ihres regulären Mutterschaftsurlaubs. Die Angestellte kann, wenn sie es wünscht, früher an die Arbeit zurückkehren, aber sie muss dies ihrem Arbeitgeber mindestens acht Wochen vor ihrer geplanten Rückkehr ankündigen.

Einige Angestellte (jedoch nicht alle) haben Anrecht auf gesetzliches Mutterschaftsgeld. Dies unter der Voraussetzung, dass sie bestimmte Kriterien erfüllen. Das Hauptkriterium ist, dass die Arbeitnehmerin ununterbrochen (unabhängig davon, ob sie arbeiten muss oder nicht) von ihrem Arbeitgeber angestellt ist – und das schon seit mindestens 26 Wochen, endend mit jener Woche, welcher der 14. Woche vor dem erwarteten Geburtstermin unmittelbar vorausgeht.

Falls eine Angestellte kein Anrecht auf gesetzliches Mutterschaftsgeld hat, hat sie möglicherweise Anspruch auf Mutterschaftsbeihilfe.

Mutterschaftsbeihilfe für 39 Wochen ist für jene gedacht, die:

  • angestellt sind, aber keinen Anspruch auf gesetzliches Muttergeld haben
  • selbstständig sind und Beiträge an die Sozialversicherung 'Class 2' leisten (inklusive freiwilliger Zahlungen) – und das für mindestens 13 der 66 Wochen vor dem voraussichtlichen Geburtstermin. Die Höhe der Mutterschaftsbeihilfe hängt von der Höhe der einbezahlten Beiträge an die Sozialversicherung 'Class 2' ab.
  • unlängst aufgehört haben, zu arbeiten
'Elternrechte' in Grossbritannien

Ein Arbeitnehmer hat Anspruch auf 'Elternurlaub' falls er oder sie der Vater des Kindes ist oder mit dessen Mutter verheiratet oder deren Lebenspartner oder Partner ist. Es gibt weitere Qualifizierungsbedingungen, aber die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer muss von ihrem/seinem Arbeitgeber seit mindestens 26 Wochen unterbrochen angestellt gewesen sein, endend mit jener Woche, welcher der 14. Woche vor dem erwarteten Geburtstermin unmittelbar vorausgeht. Es ist festzuhalten, dass eine Person keinen Anspruch auf Elternurlaub hat, falls er oder sie in Bezug auf das gemeinsame Kind einen geteilten Elternurlaub bezogen hat.

Elternurlaub in Grossbritannien

Jeder Arbeitnehmer, der seit einem Jahr ununterbrochen dem Betrieb angehört und die elterliche Verantwortung für ein Kind hat (oder erwartet, diese bald innezuhaben), hat Anspruch auf unbezahlten Elternurlaub. Dies, mit dem Ziel, das besagte Kind zu betreuen. 'Verantwortung' bedeutet in diesem Zusammenhang elterliche Verantwortung oder ein Eintrag als Kindsvater. Die Zeitperiode, die für Elternurlaub massgeblich ist, beträgt maximal 18 Wochen pro Kind und kann nur bis zum 18. Geburtstag des Kindes beansprucht werden.

Geteilter Elternurlaub ermöglicht es einer Frau, die gewisse Voraussetzungen erfüllt, ihren gesetzlichen Mutterschaftsurlaub und ihr Mutterschaftsgeld mittels Abkürzung zu beenden und den Saldo mit ihrem Partner, Ehepartner, Zivilpartner oder dem Vater ihres Kindes zu teilen. Der geteilte Elternurlaub kann nur mit einer einzigen anderen Person geteilt werden.

Gleichwertige Rechte stehen Adoptiveltern und Eltern zu, die ein Kind über eine Leihmutterschaft adoptieren.

Schwangerschaft und Mutterschaftsrechte in den Niederlanden

In den Niederlanden haben schwangere Angestellte Anspruch auf Schwangerschafts- und Mutterschaftsurlaub von mindestens 16 Wochen bei 100 Prozent des regulären Salärs.

Die Auszeit hängt von dem erwarteten und dem tatsächlichen Geburtstermin ab. Mutterschaftsurlaub kann sechs Wochen vor dem erwarteten Geburtstermin bezogen werden und sollte spätestens vier Wochen vor diesem beginnen. Nach der Geburt besteht ein Anspruch auf ein Minimum von zehn Wochen Mutterschaftsurlaub. Dies gilt auch, wenn das Baby später als erwartet geboren wird.

Die 16 Wochen können unter gewissen Umständen verlängert werden. Dies etwa bei Krankheitsfällen nach der Geburt oder für den Fall, dass es während der Geburt zu Komplikationen gekommen ist.

Ausserhalb Grossbritanniens, der Niederlande und der Schweiz

Für diejenigen, die auf nicht-britischen Schiffen dienen, gelten andere Rechtsquellen, die sich gegebenenfalls nutzen lassen. Dies ist jeweils abhängig von den individuellen Umständen. Derartige Rechte lassen sich unter Umständen vom Flaggenstaat, vom Wohnsitzland, vom Gesamtarbeitsvertrag oder vom Firmenhandbuch für Mitarbeitende oder von den Richtlinien bezüglich der Mutter- und Vaterschaft herleiten.

Wo kann ich weitere Informationen finden?

Mitgliedern, die bezüglich ihrer eigenen Situation weitere Informationen wünschen, wird geraten, sich zunächst einmal an ihren Gewerkschaftssekretär zu wenden.

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